Rede von Kreisrat Lutz Richter zum Thema Erhalt der Eisenbahnstrecken

Lutz Richter

Sehr geehrter Landrat, sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte,

wir nähern uns der aktuellen Haushaltsdebatte im Sächsischen Landtag und deswegen ist dieser gemeinsame Antrag, den wir heute verabschieden wollen, dringend notwendig! Übrigens ist er auch ein starkes Zeichen und ein wichtiges Signal!

Bevor ich auf den konkreten Fall unserer Strecke eingehe, will ich aber einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Seit dem ich im Kreistag bin, seit 1999 (dazwischen mit Unterbrechung nicht), aber seit dem ich im Kreistag bin, haben wir es mit einem Abwehrkampf Sächsischer Kommunen gegen Bundes- und Landespolitische Entscheidungen zu tun.  Und ich will im Besonderen hervorheben, dass es permanent um den Versuch von Amputationen an der kommunalen Familie geht.

Was wir in den letzten 20 Jahren hier kaputtgespart haben ist nicht nur ein Riesenfehler, weil Fehler unabsichtlich passieren. Es ist Regierungshandeln, was immer wieder die Axt anlegt, vor allem an die Strukturen in den Flächenkreisen.

Wir hatten vor 15 Jahren das verheerende Schulschließungsprogramm, einige Bürgermeister_innen hier im Saal erinnern sich noch mit Schrecken an die Kämpfe. Was wir in den letzten Jahren an Buslinien zusammengespart haben, was an öffentlicher Infrastruktur hier kaputtging, ist genau der Grund warum nach wie vor mehr Bürgerinnen und Bürger den Landkreis verlassen, als dazu kommen.

Und es ist einfach kein Ende in Sicht, ich erinnere an den zähen Kampf um die Kreischaer Schule, es gibt die permanente Debatte um das Sebnitzer Krankenhaus, wir hatten hier schon die Diskussion, ob eigentlich der Winterdienst rund um die Uhr fahren muss, wir haben das Asylthema in Bezug auf die kommunalen Aufgaben hier und weil das alles noch nicht reicht, jetzt hinterher wieder der Kampf um ein Stück Personennahverkehr … nämlich die Städtebahnstrecke Pirna – Sebnitz … Es geht knallhart um Standortvorteile! Übrigens auch beim Breitbandausbau, den wir heute noch nicht behandelt haben.

Ich will auf zwei Dinge eingehen, was die Frage dieser Bahnlinie angeht. Einmal die öffentliche Aussage, die einem Wegfall dieser Strecke einherginge: Wir würden denjenigen Menschen, die auf diese Strecke angewiesen sind, sagen, sucht Euch bitte eine andere Form der Fortbewegung oder sucht Euch einen Job, oder sucht Euch einen anderen Wohnort wo Ihr die Bahn nicht braucht, oder zieht einfach dahin, wo Ihr einen besseren ÖPNV bekommt. Das kommt für eine Anzahl an Einwohnern einer Absage an  die Sächsische Schweiz als Wohnort gleich.

Und die zweite Sache ist die Frage nach unserer Gegend als stabile und interessante Tourismusregion. Wir haben in diesem Jahr den Deutschen Wandertag in Sebnitz und das ist ein starkes Zeichen für diesen Landkreis … Und deswegen hängt von unserer Positionierung heute im Kreistag auch die Frage ab, wie wichtig es uns mit der Attraktivität dieser touristischen Region in der Sächsischen Schweiz ist.

Der Antrag kommt nicht zu früh, wie zuweilen behauptet wird. Sondern er muss genau jetzt kommen, um auf die Situation aufmerksam machen zu können und auch noch gegensteuern zu können.                                                                                                                                                        

Kurz zu der Frage, was ist eigentlich passiert?!

2014 einigten sich die Verkehrsminister der Länder auf 8,5 Mrd Euro Regionalisierungsmittel ab 2015. Dazu eine jährliche Steigerung um 2,8 % und jedes Bundesland sollte mindestens 1,25 % jährlich mehr bekommen – dies nennt sich Sperrklinke. Ein Jahr später verhandeln das die Länderchefs mit der Bundesregierung neu und zwar mit der Folge, dass nur noch 8 Mrd Euro Regionalisierungsmittel zur Verfügung stehen und die Erhöhung jährlich nur noch 1,8 % betragen soll und die Sperrklinke komplett entfällt. Damit entgehen dem Land Sachsen bis 2030 ganze 1 Mrd Euro!

Weiterhin führt diese Verhandlung, die ich eben genannt habe zu einer massiven Verschiebung der Mittel nach dem Westen. So bekäme der Westen satte 14,4 Mrd  Euro mehr und der Osten und das Saarland ganze 3,5 Mrd Euro weniger. Ein Kompromiss im Bundesrat, der noch zur Beratung aussteht sieht vor, dass der Westen nur 11,6 Mrd Euro mehr bekommt und der Osten (+Saarland) nur 0,6 Mrd Euro weniger.

Das würde zwar die Situation ein wenig verbessern, aber es gibt noch ein entscheidendes sächsisches Problem bei der Frage der Regionalisierungsmittel!

Sachsen reicht die Regionalisierungsmittel nicht zu 100 Prozent an die Zweckverbände aus. Lediglich 75 Prozent der Bundesgelder gehen in die Zweckverbände und DAS, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der bundesweite Negativrekord!

Die restlichen 25 % werden einbehalten und teils zweckentfremdet eingesetzt! Einige Dinge sind hier schon genannt worden, wie das Geld anderweitig verwand wird. Auch die Schülerbeförderung wird aus diesen Mitteln finanziert – und da sage ich noch einmal klar: das geht gar nicht. Dafür muss es andere Töpfe aus Landesmitteln geben.

Heute können wir beginnen den Druck aufzubauen, damit das Geld aus den Regionalisierungsmitteln vernünftig an die Zweckverbände geht, denn dann wäre schon eine Riesenentspannung der Lage möglich.

Was die konkrete Strecke bei uns angeht, hoffe ich, dass wir heute hier im Raum gemeinsam beginnen zu kämpfen.

Die anliegenden Städte und Gemeinden tun das bereits mit einer Unterschriftensammlung, was ich sehr gut finde! Der Kreistag fasst heute einen Beschluss und fordert auch die Vertreter in der Verbandsversammlung auf, keiner Streckenschließung zuzustimmen. Und für Frau Meiwald und mich kann ich sagen, dass wir uns ebenfalls im Landtag für den Erhalt dieser Strecke einsetzen werden.

Diese Gegend gehört nicht auf das Abstellgleis, sondern weiterentwickelt – dafür wollen wir als LINKE im Kreistag mitkämpfen! Danke schön!