Rede von Rainer Böhme zur Schaffung einheitlicher Regelungen für Windkraftanlagen in Sachsen mit einem Mindestabstand von 10 H zur nächstgelegenen Wohnbebauung
Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,
Ich beantrage zunächst über die Punkte 1 und 2 dieser Vorlage getrennt abzustimmen. Das ist ja inzwischen auch Bestandteil des kurzfristig eingegangenen Antrages der SPD.
Zu Punkt 2 gibt es Zustimmung – Steigerung der Energieeffizienz ist ein wichtiges Thema, da wurde in der Vergangenheit schon einiges erreicht. Und da sind auch noch in der Zukunft Energieeinsparungen möglich.
Warum beantragen wir eine Extra-Abstimmung und warum lehnen wir den Punkt 1 ab?
Lassen Sie mich etwas ausholen: Energiewende ist im Moment ja kein so ganz aktuelles Wort, obwohl die Klimakatastrophe nach wie vor über uns und den Nachgeborenen schwebt.
Jedes Prozent, den die erneuerbaren Energien dazu gewinnen, wird anstrengender. In Deutschland wächst die Erkenntnis, dass die Energiewende notwendig und dass sie nicht umsonst zu haben ist – was in diesem Falle nicht finanztechnisch gemeint ist.
Nur mal 2, 3 Zahlen am Rande: laut einer aktuellen Emnid-Umfrage finden 93 % der Befragten den Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig oder sogar sehr wichtig. Selbst wenn die Anlagen in einem Umkreis von 5 Kilometern stehen, finden noch 68 % das gut oder sehr gut. Dabei finden allerdings Solaranlagen größere Zustimmung als Windräder.
Wenn wir von Naturschutz und Umwelt sprechen haben wir ja ein doppeltes Ziel: Natur, also Flora und Fauna und gleichzeitig die Umwelt zu schützen, deren Bewahrung heute vor allem Fortschritte beim Klimaschutz erfordert. Wenn wir dieses doppelte Ziel verfolgen muss uns klar sein: das eine geht nicht ohne das andere. Und wir Menschen sind ja mit beiden untrennbar verbunden.
Die Natur wird, falls die befürchteten globalen Folgen des Klimawandels mit voller Wucht eintreten, unter diesen Folgen stärker leiden, als sie unter Windrädern, Photovoltaik-Flächen, Wasserkraft- oder Bioanlagen je leiden kann.
Ohne den Erfolg der Energiewende wird die Erde zu einem immer unwirtlicheren Ort werden. Und das würde dann erneut zur Flucht von Menschen aus nicht mehr bewohnbaren Gegenden führen.
Die bisherigen Energieträger Uran, Kohle, Öl und Gas beinhalten sehr konzentriert Energie.
Sonne und Wind besitzen diese Energie nur in extremer Verdünnung. Sie muss gesammelt und konzentriert werden. Das verlangt Technik und Fläche, viel Fläche.
Die Vorstellung, im dicht besiedelten Industrieland Deutschland könnte eine Energiewende auf Basis von Sonne und Wind stattfinden, ohne dass sich die Kulturlandschaft und das Lebensumfeld der Menschen verändert, grenzt an Realitätsverweigerung.
Umso dringlicher muss die Veränderung intelligent umgesetzt werden, nicht um jeden Preis, nicht ohne Rücksicht auf Verluste, nicht ohne Einbeziehung der betroffenen Bürger.
Natürlich wissen wir, dass es skrupellose Lobbyisten auch unter den Verfechtern der Energiewende gibt. Klar ist uns, das alte wie das neue Energiesystem ist ein Milliardengeschäft.
Deshalb darf nicht jedes Projekt auf Teufel komm raus realisiert werden.
Eingedenk der Klimaentwicklung hat die Bundesrepublik durch ihre Regierungen Klimaziele und auch Ziele für Energieerzeugung durch erneuerbare Energien und speziell für Windenergie erlassen. Die entsprechenden Zahlen schwanken zwar, aber von einem Minimum an Energie die durch Windenergieanlagen erzeugt werden soll, muss man ausgehen. In der 2. Gesamtfortschreibung ist die Zahl von 410 GWh/Jahr konkret genannt.
Nun ist ja fast niemand gegen erneuerbare Energie, nur muss es hier und bei uns sein – ist die Frage.
Wenn wir den Punkt 1 laut Vorlage beschließen würden, werden wir die uns gestellten Klimaziele nicht erreichen, werden wir auch den Regionalplan im Bereich Windenergie wieder nicht bestätigt bekommen.
Wir werden kurzfristig den Windenergiegegnern nach dem Mund reden, aber letztlich auch ihnen keinen Gefallen tun.
Und es wäre ein falsches Spiel, ihnen nach dem Mund zu reden, Beifall dafür zu bekommen, wohl wissend, dass es dann doch anders gemacht werden muss.
Es wird noch viele Überlegungen, Prüfungen und Diskussion mit den betroffenen Anwohnern geben müssen. Ich persönlich plädiere dafür, dass in unserem relativ dicht besiedelten Gebiet mit vielen harten und weichen Tabuzonen moderne Anlagen errichtet werden, die auch mit einer max. Höhe von 100 m eine hohe Stromausbeute garantieren, dass also Höhenbegrenzungen in den Vorranggebieten einfließen müssen.
Das wird die Verträglichkeit zu angrenzenden Wohngebieten verbessern, denn bei den Bürgerinitiativen gibt es vor allem eine Furcht vor 200 m und wie jetzt behauptet wird vor 300 m– Anlagen.
Und deshalb wage ich auch der Bürgerinitiative Großenhain zu widersprechen, die durch Herrn Raddatz in der SZ, Ausgabe Meissen, am 5.9.15 erklärt, dass die Politik, speziell der Planungsverband nur tricksen, täuschen und manipulieren würde.
Die Sächsische Zeitung stellte übrigens die abschließende Frage an Herrn Raddatz: Was wird die Bürgerinitiative tun, wenn die neuen Vorschläge des Verbandes tatsächlich die Alten sind?
Die Antwort war: Dann werden wir uns sicher radikalisieren und diesmal nicht bloß mit den Schirmchen drehen….Auch eine Demokratieauffassung. Eine weitere Nachfrage war diese Antwort der SZ nicht wert.
Die Herangehensweise in der 2. Gesamtfortschreibung ist ansonsten schlüssig und vor der Errichtung einzelner Windenergieanlagen wird ja immer noch der Einzelfall geprüft.
Ich bitte unseren Antrag zu unterstützen, den Punkt 1 abzulehnen und danke für die Aufmerksamkeit.